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Die duale CCD-Kamera ST8 von SBIG

Autor: Frank Kosalla,
publiziert in Sterne + Weltraum, Seite 174 ff

Einleitung
Die Ausstattung der ST8
Die Chipgüte
Das Blooming
Der Nachführchip
Das Arbeiten mit der ST8
Der Test - Was kann die ST8 wirklich?
Fazit

Der Wunsch nach größeren CCD-Chips wird immer öfter ausgesprochen. Es gibt mehrere Firmen, die Kameras mit einem großen Chip herstellen. Eine davon ist SBIG mit der Kamera ST8. Was diese Kamera leistet, ob die Werbeaussagen zutreffen und ob es sich lohnt, eine Kamera mit großem CCD zu kaufen, soll dieser Artikel zeigen.

Manch einer wird vielleicht die schönen Bilder vermissen, welche sonst einen derartigen Artikel begleiten. Ich habe absichtlich darauf verzichtet. Die Information, die ich statt dessen auf diesen Seiten unterbringen kann, war mir viel wichtiger. Bilder, die mit einer ST8 entstanden sind, wurden schon oft in astronomischen Zeitschriften veröffentlicht. Darauf möchte ich hier gerne verweisen, da es mir immer schwieriger erscheint, anspruchsvolle Bilder für jedermann zu veröffentlichen. Der Geschmack ist eben von Leser zu Leser verschieden. Dazu kommt noch die nicht immer hundertprozentige Wiedergabe beim Druck. Technische Informationen und ein eingehender Test sind dagegen unabhängig vom jeweiligen Geschmack.

Der Markt für große Chips ist noch immer sehr klein. Daher überrascht es auch nicht, daß eine Kamera mit großem CCD vergleichsweise teuer ist. Im Gegensatz zu dem bisher am häufigsten verwendeten Chip, dem Kodak KAF 0400 mit immerhin 768 x 512 Pixeln, kann ein größeres CCD nicht in diesem Umfang produziert werden: Aufwendige Qualitätsprüfungen und eine geringe Nachfrage, gemeinsam mit einer soliden, auf das große CCD abgestimmten Elektronik, führen letztendlich zu einem relativ hohen Preis.


Die Ausstattung der ST8
Die Kamera ist mit zwei CCDs ausgestattet: einem Kodak KAF 1600 zum Aufnehmen von Himmelsobjekten und einem Texas Instruments TC 211 zum Nachführen. Das Kodak-CCD hat eine Größe von 13.8 x 9.2 mm und weist insgesamt 1.564.680 Pixel auf (1534 x 1020). Jedes Pixel ist 9 x 9 my2 groß, und sein Helligkeitswert wird mit 16 Bit digitalisiert. Somit stehen 65.535 Helligkeitsstufen pro Pixel zur Verfügung. Insgesamt ergibt dies eine Dateigröße der Aufnahme von über 3 MB im Datenformat FITS (engl. für Flexible Image Transport System). Bilder, welche in diesem Format abgespeichert werden, können von allen Bildverarbeitungsprogrammen gelesen werden. Ein derart großes Bild benötigt einen größeren Verarbeitungsaufwand und mehr Zeit als eines, welches nur ein Viertel der Pixelzahl aufweist, wie z.B. eine Aufnahme mit dem KAF 0400. Die meiste Zeit verstreicht zwischen dem Ende der Aufnahme und der Bildanzeige auf dem PC-Bildschirm. Verwendet man den Chip im vollen Format, so dauert dies durchschnittlich 60 Sekunden. Das liegt vor allem daran, daß die Kamera über eine parallele Schnittstelle mit dem PC verbunden ist. Eine Alternative hierzu wäre eine schnelle Interface-Karte, welche direkt in den PC eingesteckt wird.

Diese wird von SBIG nicht angeboten; dort hat man sich für die mobile, aber langsamere parallele Schnittstelle entschieden. Die Verbindung über ein Interface wäre etwa doppelt so schnell. Der Vorteil der parallelen Schnittstelle ist ihre Mobilität.

Zur Kamerasteuerung kann jedes Notebook ohne Kompatibilitätsprobleme verwendet werden. Nachteilig wirkt sich hierbei jedoch sein kleines und niedrig auflösendes Display aus. Heutzutage gibt es zwar bereits Notebooks, die 1024 x 768 Pixel mit 256 Farben darstellen können, doch diese sind sehr teuer. An fast alle Notebooks lässt sich aber ein externer Monitor anschließen, so daß man dieses Problem lösen kann.


Abb. 1 (links): Die CCD-Kamera ST 8 von SBIG im Aufbewahrungskoffer mit Zubehör und Abb. 2: ST8 mit Baader-Flip-Mirror am Celestron 8.

Diese Betrachtungen verdeutlichen, daß gegenüber den sonst üblichen Kameras mit kleineren CCD's von Anfang an umgedacht werden muss. Dies gilt auch im Hinblick auf die Kapazität der Festplatte, die Auslesegeschwindigkeit und die anschließenden Verarbeitungsgeschwindigkeiten der Programme und PCs, welche nicht der "schnelleren" Kategorie angehören. Große Bilder verlangen sehr gut programmierte, schnelle Bildverarbeitungsprogramme, denn sonst endet die Freude an den Aufnahmen bald im Frust. Natürlich gilt dies auch für die Wahl der Optik. Ein großer CCD Chip, wie der KAF 1600, erfordert Optiken, welche auch über das entsprechend größere Bildfeld randscharf zeichnen und eine vernachläßigbare Krümmung der Bildebene aufweisen.

Die Kamera kann in zwei verschiedenen Binning Modi betrieben werden. Beim 2 x 2 Binning vergrößern sich die Pixel von 9 x 9 my auf 18 x 18 my und beim 3 x 3 Binning auf27 x 27 my. Dies geschieht nur rechnerisch, die physische Größe des CCD´s bleibt die gleiche.Nach dem Binning weist das resultierende Bild nur noch 767 x 510, bzw. 511 x 340 Pixel auf. Diese Möglichkeit in Verbindung mit dem großen Chip, ist für mich einer der großen Vorteile der Kamera. Da man heute, bei unseren schlechten astronomischen Standorten, eher selten die hohe Auflösung verwendet, ist das 2 x 2-Binning mit der ST 8 vorteilhaft: trotz der reduzierten Pixelzahl bleibt das resultierende Bild noch ausreichend groß. Ganz erheblich macht sich dies beim 3 x 3-Binning bemerkbar. Es erleichtert die Arbeit, und man kann wesentlich flexibler auf die jeweilige Situation reagieren: Kleine Brennweite oder große Brennweite? Gutes oder schlechtes Seeing? Eine Einstellung im Programm genügt, um sich der jeweiligen Situation anzupassen - und das bei einem immerhin noch 510 X 340 Pixel großen Bild!


Die Chipgüte
Wie jedes CCD, so ist auch der KAF 1600 in mehreren Güteklassen erhältlich. SBIG arbeitet mit CCD-Chips der Güteklasse 2. Diese zeigen - je nach Abstand vom Zentrum des CCD - verschiedene defekte Einzelpixel und Gruppen- bzw. Spaltendefekte. Eine Pixelgruppe besteht aus maximal fünf nebeneinander liegenden Pixeln, eine Spalte besteht aus einzelnen, entlang einer Spalte angeordneten Pixeln. Ein Pixel gilt als defekt, wenn seine Empfindlichkeit bei mindestens 50 % Sättigung mehr als 6 % vom Mittelwert der umgebenden 100 x 100 Pixel abweicht.

Der KAF 1600 ist in zwei Zonen unterteilt: in die zentrale Zone A (800 x 600 Pixel) und die sie umgebende Außenzone B. CCDs der Güteklasse 2 weisen innerhalb der Zone A weniger als fünf defekte Einzelpixel, weniger als zwei defekte Pixelgruppen und keine defekte Spalte auf. In der Zone B befinden sich maximal zehn defekte Pixel, vier defekte Gruppen und zwei defekte Spalten. Diese Qualität ist bei insgesamt 1.500.000 Pixeln sehr gut und vollkommen ausreichend. CCDs mit einer höheren Güte sind völlig unnötig und gleichzeitig erheblich teurer.

Die Kühlung des CCDs erfolgt mittels eines einstufigen Peltierelements und wird über einen eingebauten Mikroprozessor auf ± 0.1'C genau geregelt. Die Temperaturwahl erfolgt in 0.5 Grad C Schritten. Gekühlt wird die ST8 auf maximal 25 Grad C unterhalb der Umgebungstemperatur. CCD-Temperaturen zwischen -5 Grad C und -10 Grad C haben sich als vollkommen ausreichend erwiesen. Wegen des sehr niedrigen Dunkelstroms von weniger als 2 Elektronen/(s Pixel) bei einer CCD-Temperatur von -10 Grad C ist die Kühlleistung zufriedenstellend. Zusätzlich zur Kühlung mit dem Peltierelement befindet sich auf der Rückseite der Kamera ein Lüfter, welcher die Kühlleistung etwa um weitere 5 Grad C erhöht.

Die Regelung der Chiptemperatur ist bei der ST8 sehr genau: Die Überprüfung von jeweils in Abständen von zwei Stunden gewonnen Dunkelbildern, zeigte keine signifikanten Unterschiede. Somit bleibt der durch die Chiptemperatur bedingte Dunkelstrom im Rahmen der Messgenauigkeit konstant. Dunkelbilder unmittelbar vor oder nach einer nächtlichen Aufnahme zu erstellen, ist deshalb nicht mehr notwendig. Man kann sie für die jeweiligen Temperaturen und Belichtungszeiten an regnerischen Tagen aufnehmen.

Die maximale Speicherkapazität eines Pixels für die von den Photonen des einfallenden Lichts erzeugten Ladungen (engl. Full-Well-Capacity, FWC) liegt bei 85.000 Elektronen. Im 2 x 2-Binning-Modus vergrößert sie sich auf 340.000 Elektronen. Dies sind vom Hersteller garantierte Minimalwerte. Individuelle Pixel können hier erhebliche Differenzen aufweisen. Das Ausleseregister ist auf maximal 150.000 Elektronen eingestellt (lt. Angabe von SBIG).

Der Gain-Faktor, der angibt, wieviele Elektronen einer Analog-Digital-Einheit (ADU) entsprechen, beträgt bei der ST8 laut SBIG 2.3 Elektronen/ADU. Eine von mir mit Hilfe einer Lichtquelle konstanter Intensität erstellte Aufnahmeserie ergab 2.2 Elektronen/ADU.


Das Blooming
Die Speicherkapazität eines Pixels für die vom einfallenden Licht erzeugten Elektronen ist begrenzt. Das Licht besonders heller Objekte kann jedoch innerhalb kurzer Zeit derart viele Elektronen auslösen, daß die Sättigungsgrenze überschritten wird. Die überschüssigen Ladungen werden dann entweder in horizontaler oder vertikaler Richtung an die benachbarten Pixel weitergegeben. Dieses Verhalten nennt man Auslaufen oder Blooming. Eine Kamera mit Anti-Blooming-CCD reduziert diese Eigenschaft z. B. durch ein Gitter, das auf die Chipstruktur aufgedampft ist.

Ein Phänomen, daß man bei Aufnahmen mit der ST8 anfangs häufig beobachten konnte, möchte ich hier ansprechen. Zu diesem Thema gibt es unnötigerweise noch Diskussionen, daher bedarf es hier einer Klarstellung. Es handelt sich um horizontale Streifen, welche rechtwinklig zur Richtung des Blooming verlaufen. Dafür können unterschiedliche Gründe verantwortlich sein. Einer davon könnte das sogenannte »Serialregisterblooming« sein. Es tritt auf, wenn die Zahl der ausgelesenen Elektronen die Registerkapazität des seriellen Ausleseregisters übersteigt. Dieses Problem trat nur bei Kameras ohne Anti-Blooming-CCD auf und ist mit der neuen SBIG-Software (ab Version 3.5.) gelöst worden. Man hat dadurch zwar geringfügig längere Auslesezeiten; dies stört jedoch kaum, da die Auslesezeiten in der Praxis ohnehin bei etwa 60 Sekunden liegen. Es ist nicht auszuschließen, daß dieses Problem auch bei Kameras anderer Hersteller auftrat und bereits mit der ersten Soft- bzw. Hardware-Version unterdrückt wurde.

Leider wird die amerikanische Tendenz, Anti-Blooming-Chips zu kaufen, über kurz oder lang auch bei uns zu beobachten sein. Das Anti-Blooming verhindert ein Auslaufen der Pixel, die einen Stern abbilden. Auf diese Weise lassen sich die sogenannten "Pretty pictures" wesentlich einfacher herstellen. Leider verschlechtert das Anti-Blooming die hohe Empfindlichkeit sowie die Linearität der Pixel und damit auch die Möglichkeit, wissenschaftlich verwertbare Daten zu gewinnen. Man verzichtet somit freiwillig auf die besten Eigenschaften eines CCD's. Glücklicherweise sind bei der Firma Baader Planetarium auch Kameras ohne Anti-Blooming erhältlich. Der Nachteil: Hat man sich für ein derartiges CCD entschieden, kann die Wartezeit bis zu drei Monaten dauern, da SBIG, wie schon angesprochen, standardmässig Kameras mit Anti-Blooming-CCD produziert.

Wichtig ist noch, zu erwähnen, daß an der Kamera eine sogenannte Trockenpatrone angebracht ist. Sie absorbiert die Feuchtigkeit im Inneren des Kameragehäuses und verhindert dadurch die Eisbildung auf dem CCD und auf dem Eintrittsfenster. Die Feuchtigkeit kann entstehen, weil im Inneren kein Vakuum vorhanden ist. Die Trockenpatrone ist vom Benutzer selbst austausch- und recyclebar. Folglich erspart man sich ein lästiges Hin- und Herschicken der Kamera, wenn nach einem Jahr die Feuchtigkeit im Inneren zu groß geworden ist. Andere Kameras müssen für diese Prozedur eingeschickt werden.

Etwas Besonderes ist auch der Verschluss. Dieser ist recht groß, da ja zwei CCDs in die Kamera eingebaut sind. Dies beschert der ST8 eine relativ lange minimale Belichtungszeit von 0.11 s. Kürzere Belichtungszeiten sind nicht möglich. Der Verschluss funktioniert nicht wie eine Irisblende, sondern besteht aus einer einzigen rotierenden Blende, welche in die eine Richtung öffnet und in die gleiche Richtung wieder schließt. Damit erreicht man extrem homogene Belichtungen. Ein Verschluss nach dem bekannten Irisblendenprinzip wäre mir etwas lieber, denn damit würden die kürzesten Verschlusszeiten geringer als 0.11 s.

Fokale Mondaufnahmen, welche ich mit der ST8 belichtete, waren nur unter Verwendung eines starken Graufilters möglich. Aufgrund der recht langen Auslese- und Digitalisierungszeiten ist die ST8 ohnehin keine reine Planetenkamera. Die kleinen Pixel bieten sich dafür zwar an, jedoch sollte man derartige Anwendungen nicht als primäres Auswahlkriteriurn heranziehen. Wie bei allen anderen CCD- Kameras schützt auch der ST8-Verschluß keinesfalls hundertprozentig vor Licht. Bei Dunkelaufnahmen muss diese Tatsache berücksichtigt werden.

Zu guter letzt sei noch das Ausleserauschen erwähnt, welches mit 15 Elektronen angegeben wird. Das sogenannte "Double correlated sampling", bei dem jedes Pixel mit seinem "Reset-Wert" verglichen und dann erneut ausgelesen wird, verkleinert das Ausleserauschen merklich. Das zweimalige Auslesen erhöht jedoch die Auslese- und Digitalisierungszeit. Dazu und zu den anderen Punkten, die ich hier noch nicht ausführlich angesprochen habe, später mehr.


Der Nachführ-Chip
Zur Nachführung der Kamera dient der TC 211 mit 192 x 165 Bildpunkten. Er nimmt einen vorgewählten Leitstern auf, mit dessen Hilfe das Teleskop während der Belichtungszeit der täglichen Himmelsdrehung automatisch nachgeführt wird (Auto-guiding). Den CCD-Interessierten ist er bereits als Bestandteil der ST4 bekannt. Der feine Unterschied ist, daß im TC 211 der ST8 die Pixelintensitäten mit 14 Bit digitalisiert werden, so daß dieser Chip um ein Vielfaches empfindlicher ist als jener der ST4.

Das Kabel zur automatischen Nachführung habe ich mit meiner SINUS-II- Montierung verbunden und los ging's. Der erste Versuch war wohl etwas Überhastet, denn ich hatte nicht daran gedacht, daß die Kamera mehr oder weniger genau parallel zu den Fernrohrachsen ausgerichtet sein sollte. Beim zweiten Mal klappte dann alles mit dem Autoguiding und auch mit Track-and-Accumulate. Hierbei wird das Teleskop nicht von der Kamera nachgeführt, sondern die Bilder werden derart kurz belichtet, daß sich Nachführfehler nicht auf die Bildqualität auswirken. Die einzelnen Aufnahmen werden vom Programm CCDOPS erstellt, registriert und zur Deckung gebracht.

Bei der Suche nach einem Leitstern hatte ich ebenfalls keine Probleme. Alles in allem also eine feine Sache. Die Einstellung der Parameter geht ähnlich vor sich wie bei der ST4. Das Programm muss mit einigen Eingaben gefüttert werden, danach folgt ein automatisiertes Kalibrieren der Nachführparameter. Ist dies erfolgreich abgeschlossen, kann die Nachführung beginnen. Wer damit Übung hat, stößt auf keinerlei Probleme. Dem Autoguiding Anfänger sei etwas Geduld und ein genaues Studium des Handbuchs empfohlen. Es ist ohnehin empfehlenswert, das Handbuch vor der ersten Beobachtungsnacht einmal zu lesen und zu verstehen. Danach braucht man es immer seltener zu Rate zu ziehen, und man erspart sich dadurch einige "Aha-Erlebnisse".


Das Arbeiten mit der ST8
Tatsächlich dauert es keine 15 Minuten, bis die Kamera angeschlossen und das Steuerungsprogramm gestartet ist und bis das CCD die vorgewählte Temperatur erreicht hat. Man sollte vorsichtshalber etwas länger warten, damit sich die Kühlung stabilisieren kann und nicht schon beim ersten Erreichen der Temperaturmarke mit dem Aufnehmen beginnen. Die CCD-Temperatur wird ständig auf dem Monitor angezeigt, ebenso die Kühlleistung in Prozent. Letzteres erscheint mir sehr wichtig, da man auf diese Weise ständig abschätzen kann, in welchem Bereich die Kühlung der Kamera arbeitet. Wie schon gesagt, wird die Kamera mit einem Kabel an die parallele Schnittstelle eines Computers angeschlossen. Eine weitere Verbindung führt von der Kamera zum Netzteil. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, an den Kamerakopf das Kabel für die beiden Nachführmodi und für das Filterrad anzuschließen. Die Kabel werden mitgeliefert.

Abb. 3: Gehäuse der ST 8 mit beiden CCD's

Ich möchte nun auf das Programm CCDOPS eingehen, welches die Kamera steuert. Es wurde von SBIG entwickelt und arbeitet unter dem weit verbreiteten Betriebssystem DOS. Die Kamera kann auch von SKYPRO aus bedient werden. Dieses Programm wird seit 1997 unter dem Namen CCD-SOFT angeboten. Hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit ist es CCDOPS jedoch deutlich unterlegen. Ferner hat CCDOPS einen weiteren entscheidenden Vorteil: SBIG arbeitet kontinuierlich an Verbesserungen der Software und der Kamera.
Die damit zusammenhängenden Programmänderungen werden in CCDOPS eingearbeitet. Wann andere Firmen diese Neuerungen einarbeiten, ist leider nicht abzusehen.

Von der ersten bis zur heutigen Version von CCDOPS (Version 3.0 bis 3.6), sind einige grundlegende Veränderungen feststellbar. Die Version 3.0 bot im 9 x 9my Modus "nur" 14 Bit. Diese wurde um ein Auto-Bias erweitert, wobei ca. 2500 Counts automatisch vom Rohbild abgezogen wurden. Dann folgte das "ABG-Strike-Removal", ein Verfahren, das die erwähnten horizontalen Streifen verhindert. Die letzte Neuerung bestand in einer grundsätzlichen 16-Bit-Digitalisierung. Momentan arbeitet SBIG an einer Fassung von CCDOPS für das Betriebssystem Windows. Dieses Programm wird dann alle Funktionen der DOS-Version von CCDOPS beinhalten. Man mag sich über die nicht mehr ganz zeitgemäße Benutzeroberfläche dieser Version streiten. Sie sollte unbedingt einmal gründlich überholt werden. Das Programm selbst ist jedenfalls durchaus gelungen. Jahrelange Entwicklung und der direkte Kundenkontakt, welchen SBIG ständig pflegt, sind wohl die beiden Hauptgründe für dieses wirklich gelungene Produkt. Die Wichtigkeit des Kamera-Steuerungsprogramms wird oft unterschätzt. Der Benutzer ist aber ständig auf das Programm angewiesen. Eine Kamera - verspricht sie auch noch so viel technische Besonderheiten - ist wirklich nur halb soviel wert, wenn das Programm nicht viel taugt. CCDOPS ist, schon allein aufgrund der langen Zeit, die seit seiner Einführung auf dem Markt vergangen ist, durchdacht und technisch auf dem neuesten Stand. Wichtiger als alles andere ist, daß es bei Wind und Wetter funktioniert und "absturzfrei" ist.

Die Bedienung der Kamera ist in drei Menüs gegliedert: GRAB, FOCUS und SETUP. In "Setup" werden Parameter wie die Bildgröße, Pixelgröße, Binning, CCD-Temperatur und die Belichtungszeit eingestellt. Man kann auch zwischen verschiedenen Teilbelichtungen auswählen, d.h., nur bestimmte Ausschnitte des CCD auslesen. Dies ist besonders hilfreich bei der Planetenphotographie, bei der Beobachtung von Doppelsternen oder der Photometrie, wobei nicht das gesamte Bild benötigt wird. Zur Visualisierung wählt man zwischen einem sogenannten ANALYSIS- und einem PHOTO-Modus. Letzterer zeigt das Bild in seiner kompletten Größe an. Der ANALY- SIS-Modus dient der Bildauswertung und der Bildtauglichkeitsprüfung.

Das Fokussieren der Kamera funktioniert einwandfrei und kann in mehreren Schritten vollzogen werden. Zuerst erfolgt die Grob-Fokussierung und dann das Fein-Fokussieren im PLANET-Modus. Dabei werden nur Teilbereiche des CCD ausgelesen. Abschließend wird mittels einer numerischen Anzeige des hellsten Objekts im jeweiligen Bild feinfokussiert. Dies liefert stets einen objektiven Anhaltspunkt über den erreichten Fokus. Die Bildaufnahme gestaltet sich ebenso einfach. Hier lassen sich zusätzlich Reihenaufnahmen durchführen. Eine vorgegebene Anzahl von Aufnahmen wird vom Programm automatisch belichtet und auch mit fortlaufender Nummer gespeichert. Dies ist besonders bei Dunkelbildaufnahmen nützlich.

CCDOPS steuert auch das Filterrad CFW8, den Nachführchip und somit das Teleskop. Die eingebauten Bildverarbeitungsroutinen sind völlig ausreichend: Mehrere räumliche Filter, Skalierungen der Bildintensitäten und alle notwendigen Bildkorrekturen sind mit CCDOPS durchführbar. Die Bildkorrekturfunktionen umfassen die Subtraktion von Bias- und Dunkelaufnahmen (engl. Darkframes) sowie die Flat-Field-Korrektur.
Ein Bias-Bild entsteht bei völliger Dunkelheit und mit minimaler Belichtungszeit. Die darin enthaltenen Pixelwerte liefern Informationen über die Güte eines CCD. Sie sollten über die Lebensdauer des Chip hinweg konstant bleiben. Da die Werte des Bias-Bildes in jeder Himmelsaufnahme mit enthalten sind, muss das Bias-Bild von allen Objekt-Bildern subtrahiert werden. Mit Hilfe von Dark-Aufnahmen berücksichtigt man, daß die Pixel allein aufgrund der Chiptemperatur - also auch bei völliger Dunkelheit - Elektronen freisetzen, welche zum Signal des Himmelsobjekts ein unerwünschtes Rauschen beitragen. Die pro Zeiteinheit freigesetzte Ladungsmenge, der sogenannte Dunkelstrom, ist umso niedriger, je kühler der Chip ist. Bei Temperaturen um -120 Grad C wird der Dunkelstrom vernachlässigbar. Bei den Temperaturen kommerzieller CCD-Kameras von -10 Grad C bis -20 Grad C ist er jedoch derart groß, daß von jeder Himmelsaufnahme ein Dunkelbild (Dark) mit dergleichen Aufnahmezeit subtrahiert wer- den muss.

Jedes einzelne Pixel eines CCD reagiert ein wenig anders auf einfallendes Licht als sein Nachbar. Diese Empfindlichkeitsunterschiede können korrigiert werden, indem man eine gleichmäßig beleuchtete Lichtquelle (z. B. eine weiße Fläche oder den aufgehellten Dämmerungshimmel) aufnimmt und die Objektaufnahine durch dieses sogenannte Flatfield dividiert.

Aus vielen Einzelaufnahmen lassen sich jeweils sogenannte "Master-Bilder" für Bias-, Dunkel- und Flatfield-Aufnahmen, herstellen. Pixel, welche im Vergleich zu ihren Nachbarpixeln extrem empfindlich bzw. unempfindlich reagieren, sogenannte "Heiße" bzw. "Kalte" Pixel, können mit CCDOPS herausgerechnet werden.

Die "Analysefunktionen" werden in einem eigens dafür angelegten Graphikmodus aufgerufen und lassen eine völlig ausreichende Begutachtung der nachts belichteten Bilder zu. Rauschen, Helligkeiten, Pixelwerte und ihre Darstellung als Histogramme, ja sogar einfache photometrische und astrometrische Messungen sind mit CCDOPS möglich.


Der Test - Was kann die ST8 wirklich?
Die besten Werbeaussagen nützen nichts, wenn der Dunkelstrom in der Praxis zehnmal höher als versprochen ist, das Bias-Bild alles anderem gleicht als einem Bias-Bild und das Rauschen so extrem hoch ist, daß man Mühe hat, die angegebenen Grenzhelligkeiten - z.B. bei flächenhaften Objekten - zu erreichen. Da das Bias- und Dunkelbild nun einmal die wichtigsten Aufnahmen einer CCD-Kamera sind, sollen sie auch in meinem Artikel die wichtigste Rolle spielen.

Das Rauschen ist des Astronomen größter Feind. Interessant ist für den späteren Kameranutzer sicherlich die Frage, wie groß das Rauschen seiner Aufnahmen letztlich sein wird. Das Ausleserauschen (engl. Read-out-noise) ist hierfür ein erster Anhaltspunkt. Der Amateur mißt aber nicht das Ausleserauschen allein, sondern das Rauschen des gesamten Systems, zu dem neben dem Ausleseprozeß der Ausleseverstärker, der Analog/Digital-Konverter usw. beitragen. Für den KAF 1600 der ST8 habe ich die folgenden Werte gemessen und berechnet: Der Gain-Faktor beträgt 2.2 Elektronen/ADU, die Standardabweichung 8.27 Elektronen. Somit erhalte ich ein Systemrauschen von knapp 13 Elektronen. Dies ist wirklich sehr gut. SBIG gibt 15 Elektronen an, was ein konservativer Wert ist. Alle in diesem Abschnitt erwähnten statistischen Werte und Berechnungen beziehen sich auf das gesamte 1500 x 1000 Pixel große Bild.

Während die Dunkelstromaufnahmen des Herstellers bei -10 Grad C entstanden, wurden meine Aufnahmen bei -5 Grad C erstellt. Letztere ergaben eine Dunkelstrom-Erzeugungsrate von etwa 1 Elektron/(s Pixel). Geht man davon aus, daß sich die Dunkelstrom-Erzeugungsrate bei einem Temperaturanstieg um 6 bis 8 Grad C verdoppelt, ergibt sich für -10 Grad C etwa 0.5 Elektronen/(s Pixel). Dies ist mehr als SBIG angibt, allerdings immer noch sehr gut. Auch diesmal stimmt der gemessene Wert, bei einer geringen Fehlertoleranz (welche auch durch das Messverfahren bedingt sein kann) mit dem angegebenen überein. Ein von mir gewonnenes Dunkelbild mit 60 Minuten Integrationszeit bestätigt den geringen Dunkelstrom.

Auf den Bias-Aufnahmen waren keinerlei ungewöhnliche Strukturen erkennbar. Beim Mitteln von 32 Bias-Bildern verringerte sich die Standardabweichung auf 1.2!

Alles in allem kann man sagen, daß dieses Kamerasystem wirklich sehr gut ist. Ein Systemrauschen von nur 13 Elektronen ist absolute Spitzenklasse. Manche Kodak-CCDs haben von Hause aus schon ein Rauschen von 15 Elektronen! Dazu kommt noch das Systemrauschen. Wenn es darum geht, in den Grenzbereich der CCD-Astronomie vorzustoßen und wirklich vernünftige Aufnahmen zu erstellen, so sind die hier untersuchten und gemessenen Daten wesentlich aussagekräftiger als eine - überzogen gesagt - 30minütige Aufnahme von M 51, die noch Sterne der 20. Größenklasse zeigt.

Auch die Linearität des CCDs habe ich untersucht. Bis knapp unterhalb der Sättigungsgrenze reagierten die Pixel absolut linear. Daß die Linearität hier endet, ist nicht weiter verwunderlich, sondern bei CCD's völlig normal - eine Tatsache, die bei der Photometrie beachtet werden muß. Die Temperaturstabilität habe ich bereits im ersten Teil des Artikels angesprochen.


Fazit
Hohe Linearität, geringes Rauschen, homogene Bias-Bilder, stabile und reproduzierbare Dunkelbilder, ein geringer Dunkelstrom und eine ausgereifte Software sind wichtige Eigenschaften einer CCD-Kamera, bei denen die ST8 durchweg gut abschneidet. Sie ist ein technisch gelungenes, beinahe voll ausgereiftes Produkt. Der Vergleich der Herstellerangaben mit den gemessenen Daten zeigt, daß der Hersteller eher pessimistisch gerechnet hat. Die wenigen Kritikpunkte wurden ja schon angesprochen und sind z.T. bereits beseitigt: die Software-Lösung gegen das horizontale Bloomen der Pixel mit den daraus resultierenden längeren Auslesezeiten, der im Vergleich etwas langsame Verschluss und die nicht mehr ganz zeitgemäße Benutzeroberfläche von CCDOPS. Eine optionale Verbindung mittels Interface wäre bei derart umfangreichen Daten wünschenswert. ich denke, daß man mit den langen Wartezeiten bei der Bestellung einer Non-Anti-Blooming-Kamera durchaus leben kann.

Die Nachteile der ST8 sind nach meiner Meinung vernachlässigbar, wenn man andererseits die Eigenschaften bedenkt, bei denen die ST8 mehr als zufriedenstellend abschneidet. Der integrierte Autoguider trägt dazu bei, die ST8 zu einem empfehlenswerten Produkt zu machen. Auch das Umfeld, in dem CCD-Kameras entwickelt werden und die Menschen, die dort maßgeblich an den Produkten beteiligt sind, sind ein Garant für ein gutes Produkt. Dies hat auch die 1996 abgehaltene Santa Barbara Imaging Conference gezeigt, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Dort wurden Anwendungen gezeigt, die weit über die schönen Bilder hinausgehen - Anwendungen, die endlich einmal zeigen, was mit CCD's möglich ist.

Sollte einmal etwas an dem Produkt nicht in Ordnung sein, so kann man sich hier in Deutschland der exzellenten Hilfe und Betreuung durch die Firma Baader Planetarium sicher sein. Bleibt noch der Preis: 13280.- DM sind viel Geld - besonders, wenn man es mit den 6 250.- DM der ST 7 vergleicht. Möchte man nicht nur Spazierenschauen und "Pretty pictures" aufnehmen, sondern mit der ST8 auch wissenschaftlich auswertbare Daten gewinnen, so ist unter Umständen noch einiges an Zubehör nötig: ein Filterrad, eine motorisierte Fokussiereinheit, eine ausgezeichnete Optik, sowie ein gutes, ausgereiftes Bildverarbeitungsprogramm. Stimmt unter diesem Aspekt das Preis-Leistungsverhältnis? Im großen und ganzen kann ich dies bejahen. Aber der Kunde muss letztendlich selbst entscheiden. Es hat mir schon viel Freude bereitet, mit der ST 8 zu arbeiten. Neben der technischen Leistungsfähigkeit ist der Faktor Freude ganz wichtig, verbringt man doch mit seiner Kamera viel Zeit. Soll die ST 8 auch in Zukunft für Amateure erschwinglich sein, so darf sie sicherlich nicht viel mehr kosten. Dieser Wunsch ist natürlich ganz stark vom Kurs des US-Dollars abhängig. Wie oft hat man schon innerhalb eines Jahres Schwankungen von 20-30 Pfennig pro US-Dollar miterlebt.

Abschließend hoffe ich, daß das Fehlen schöner Astro-Aufnahmen in diesem Artikel nicht als sonderlich störend empfunden wurde und daß der dadurch für technische Informationen frei gewordene Platz den Artikel abgerundet hat. ich habe mir Mühe gegeben, einen ehrlichen und gleichzeitig kritischen Bericht zu schreiben. Für Fragen und Informationen stehe ich gerne zur Verfügung.

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