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Das Siberia 110 -
ein bemerkenswertes Spiegelteleskop für den Anfänger


Autor: Elmar Remmert,
publiziert in Sterne + Weltraum, November 1997, Seite 992

Allgemeines
Technische Daten
Technische Merkmale
Zubehör
Beobachtungspraxis
Praktische Beobachtungen

Unter den Sternfreunden sind die russischen Newton-Teleskope der Marke Siberia längst kein Geheimtip mehr. Schon irm vergangenen Jahr konnte das 80 mm Modell in einem Test (siehe SuW 35, 666 [8/9 1996]) seine ausgezeichnete Qualität unter Beweis stellen. Die Firma Baader-Planetarium aus Mammendorf bietet aus dieser Gerätelinie noch zwei weitere Instrumente (Siberia 110 und 150) an. Das kleinere Modell möchten wir an dieser Stelle in einem Erfahrungsbericht näher vorstellen.

Vierzöllige Spiegelteleskope nach Newton sind seit Jahrzehnten in Anfängerkreisen sehr beliebt und deshalb weit verbreitet. Das Verlangen nach einer relativ großen Öffnung für wenig Geld ist für viele Sternfreunde ein Grund zur Kaufentscheidung für diesen Teleskoptyp.
Die Hersteller tragen diesen Wünschen Rechnung, indem sie zahlreiche Modelle in unterschiedlicher technischer Ausstattung anbieten. Es handelt sich um komplett bestückte Instrumente mit allem Zubehör, das zu astronomischen Beobachtungen benötigt wird.
Allzuoft hapert es jedoch bei diesen Einsteigergeräten an der nötigen Qualität, und in der Praxis wächst bei den erwartungsfrohen Sternfreunden die Ernüchterung, wenn sie feststellen, daß die optische Qualität und die mechanische Verarbeitung wichtiger Fernrohrteile mangelhaft sind. Besonders die als Kaufhaus-Fernrohre zu bezeichnenden Angebote liefern hier zum Teil haarsträubende Ergebnisse.
Dass es im positiven Sinne auch anders geht, zeigen die russischen Newton-Teleskope, die die Firma Baader-Planetarium unter der Markenbezeichnung Siberia. anbietet. Schon der Test des 80 mm Modells im vergangenen Jahr brachte es an den Tag, daß Qualität nicht teuer sein muß.

Ob die beiden größeren Geräte der Siberia-Linie mit 110- bzw. 150 mm Öffnung die Vorschußlorbeeren des Kleinen. ebenfalls verdienen, sollte ein ausführlicher Praxistest am Beispiel des Siberia 110 zeigen.
Allgemeiner Eindruck und Aufbau des Teleskops
Das Instrument, ein Newton mit 110 mm freier Öffnung und 806 mm Brennweite (Abbildung siehe oben), wurde mir freundlicherweise von der Firma Baader-Planetarium für ein halbes Jahr zur Verfügung gestellt.
Schon beim Öffnen der Transportverpackung fiel mir sehr angenehm auf, daß das komplette Fernrohr in einem stabilen Holzbehälter ausgeliefert wird. Dieser kann auch zur Aufbewahrung des Instruments genutzt werden, wobei es sich empfiehlt, vor dem ersten Auspacken ein Photo des geöffneten Behälters anzufertigen, damit man später weiß, wo alles wieder an Ort und Stelle untergebracht werden soll.
So schön der Holzbehälter ist, so unangenehm fallen die Styroporeinlagen im Innern auf. Sie eignen sich nicht für den Dauergebrauch, da sich immer wieder kleine Teilchen lösen, die dann an Stellen gelangen, wo sie nicht erwünscht sind. Am besten stellt man passende Teile aus Holz her, die im Kasten festgeschraubt werden. Die Aussparungen können dann mit Filzstreifen beklebt werden, so daß man optimale Auflageflächen für Fernrohr und Montierung erhält.
Der Zusammenbau des Teleskops geschieht schnell und denkbar einfach, so daß auch unerfahrene Sternfreunde sehr schnell damit zurechtkommen werden. Zuerst werden die beiden Säulenteile zusammengeschraubt, anschließend erfolgt die Montage der Gußfüße, die mit unverlierbaren (sehr gut!) Flügelschrauben an dem unteren Säulenabschnitt befestigt werden. Die sehr massiv wirkende parallaktische Montierung wird im nächsten Schritt auf den oberen Säulenabschluß aufgeschraubt. in der Praxis ist dies etwas umständlich und vor allem bei Dunkelheit eine sehr fummelige Angelegenheit, um den Punkt zu erreichen, wo das Gewinde greift. Es kann sogar passieren, daß sich die Verschraubung wieder löst, wenn man das Achsenkreuz kräftig in Rektaszension hin und her bewegt, da die Schraubverbindung nicht durch eine Klemmung fixiert wird.
Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Verstellmöglichkeit im Azimut. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als das ganze Fernrohr zu versetzen, um eine Azimutkorrektur zu erreichen. Dies ist natürlich sehr ungenau und reicht gerade für visuelle Beobachtungen aus. Ich empfehle den Konstrukteuren, die Schraubverbindung zwischen Montierung und Säule ganz wegzulassen und eine Klemmung bzw. Fixierung von außen über drei Halteschrauben vorzunehmen. In diesem Fall braucht das Achsenkreuz nur noch in die Säulenöffnung eingekippt und geklemmt zu werden - einfach und wirkungsvoll.
Übrigens! Beim Siberia 150 bietet man diese Möglichkeit bereits an; man sollte es auch für das 110er Modell übernehmen. Dann können kleinste Azimutverstellungen vorgenommen werden, so daß auch astrophotographische Arbeiten nicht dem Zufall überlassen bleiben. Die Montierung schließt am oberen Ende mit zwei stabilen und aufklappbaren Rohrschellen ab, in die der Teleskoptubus eingesetzt werden kann. Man achte darauf, daß dies ungefähr mittig geschieht, so daß sich das Teleskop etwa im Gleichgewicht befindet. Nachdem der Tubus mit den Rohrschellen verbunden wurde, ist der Zusammenbau des Teleskops abgeschlossen.
Das komplett aufgebaute Instrument wirkt auf den ersten Blick sehr massiv und robust und unterstreicht das russische Fertigungsprinzip, nicht elegant wirken zu wollen, dafür aber handfest und solide zu sein.
Überhaupt sollte man nicht zu strenge Maßstäbe ansetzen, was das Oberflächenfinish angeht. Die Lackierung ist hier und da etwas rauh und fehlerhaft und wirkt insgesamt nicht so elegant, wie man das von anderen industriellen Produkten gewohnt ist.

Aber schon Fraunhofer hat gesagt:


"Meine Fernrohre sind nicht zum anschau'n, sondern zum durchschauen da".

Und diesen Grundsatz verkörpert das Siberia 110 in eindrucksvoller Weise, wie die Beobachtungspraxis im späteren Verlauf der Testphase zeigen wird.
 

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